Also fangen wir mal an.
Warum mache ich diesen Post? Das frage ich mich selbst tatsächlich auch, ich meine, warum sollte ich unzufrieden sein mit dem Rollenspiel, oder gar dem Projekt? Elazar hat Macht, Geld und an sich macht es auch Spaß, ihn als Charakter ausspielen zu können. Wo liegt also das Problem? Das habe ich mich die letzten Tage wirklich oft gefragt, bis ich im Gespräch und im Chat mit ein paar anderen Personen daraufgekommen bin. Es hat sich in dem letzten halben Jahr nichts an meiner Einstellung geändert, ich mag Exodus nicht, nein, ich mag es nicht, in welche Richtung sich das Projekt entwickelt hat.
Lasst mich also mal ausführen:
Kritikpunkt 1:
Schauen wir mal an den Anfang von Vestria, noch vor Exodus, was waren unsere Ziele? War es nicht Fehler des Vorprojektes zu vermeiden, es besser zu machen? Wir schafften Fraktionen ab, warum? Weil sie das letzte Mal für viele Konflikte in der Spielerschaft sorgten und das Mittel zur Spielerbevorzugung waren. Wir nahmen uns also ein System, welches ich damals im Kern besonders für neue Spieler gut fand, da man faktisch immer schnell Anschluss finden konnte, zumindest wenn wir mal von der spielerbevorzugenden Fraktion absehen. Wir schufen sie ab, aus Angst, sowas passiert wieder und weil man dachte, am Ende führen sie zu Ausgrenzung. Okay, das konnte ich verstehen und uns blieb ja ein weiterer Pfeiler der Stabilität im RP: die Ständegesellschaft. Funktionierte auf Vestria 1 ganz gut, sie sorgte dafür, dass die nötige Struktur in der Gesellschaft vorhanden war und trotzdem sehr viele Freiheiten für Spieler gelassen wurden. Was taten wir dann für Exodus, da es Spieler gab, welche sich noch mehr Freiheiten wünschten? Richtig, wir schufen auch noch die Ständegesellschaft ab und sagten, sollen die Spieler das selbst entwickeln, es muss ja 90% Spielerfreiheit geben. Was hat uns das gebracht? Dass wir bis jetzt immer noch keine wirkliche Gesellschaftsstruktur haben. In unserer Gesellschaft hat sich erst vor kurzem überhaupt so etwas wie Spielregeln gefestigt. Ohne nun zu weit in Gesellschaftswissenschaften einzusteigen, aber, dass unsere Charaktere überhaupt vorher zusammenleben konnten, war nur der Fall, weil wir im RL in einer Welt mit Strukturen leben, an denen sich zumindest manche orientierten.
Natürlich war ich damals nicht unbeteiligt, da auch ich auf jeder Spielerfragerunde für mehr Autonomität für Spieler geworben habe, doch ich sagte auch jedes Mal, wie weit diese gehen sollte: Wichtige Rollen sollten auch an Spieler gehen, etwas wie ein Hauptmann oder ein Adliger sollte sich im RP erarbeitet werden können. Nie, aber auch wirklich NIEMALS, habe ich mich dafür ausgesprochen, diese Form der Anarchie im RP haben zu wollen, wie es zu Anfangszeiten Exodus der Fall war und auch teilweise immer noch da ist. Das wäre so mein erster Kritikpunkt an Exodus, diese Spielerfreiheit um jeden Preis auf Kosten einer schon vorgegeben Struktur gefällt mir einfach nicht.
Kritikpunkt 2:
Das Setting.
Am Anfang des Projektes war ich noch voller Überzeugung, dass das Exodus-Setting etwas erfrischendes Neues ist, dass uns RP in einer Form bringt, wie wir es zuvor nicht hatten. Ich kann auch jetzt noch jene, die es den vorherigen Settings vorziehen, total verstehen. Mittlerweile habe ich aber bemerkt, dass das Setting für mich jeden Reiz verloren hat. Wir leben in einer postapokalyptischen Welt, von der man - abgesehen von den Ryzanti-Ruinen nichts mitbekommt. In Vestigar könnte sich sogar ein Bettler eine Pistole besorgen - bei uns haben nicht einmal die reichsten Händler eine. Es gibt Luftschiffe, Kampfmaschinen und viel mehr!... Nur leider allesamt für Spieler unerreichbar. Die Welt von Weidenau ist in Vergleich zu Exodus in der Steinzeit - und doch spielen sich beide Siedlungen genau gleich, wenn nicht Talstädt sogar deutlich langsamer.
Kritikpunkt 3:
"aBeR JUlIan iHr KöNnT daS jA aLles im RP MaCHen!" Was glaubt ihr wie oft ich mir das anhören durfte, wenn ich Kritik im DC geäußert habe? Ja, im Zuge der Spielerfreiheit wäre es möglich, Teile hiervon im RP mehr oder weniger umzusetzen. Doch wie lange würde das dauern, wie viele Spieler würde es brauchen, bis sich eine neue Gesellschaftsordnung etabliert? Ist das überhaupt die Aufgabe eines Spielers? Eine Gesellschaftsordnung, die Fundamente eines Settings, zu schaffen? Wir sind alle hier um Rollenspiel zu machen und nicht Stadtbau Simulator 2021 zu spielen. Ich finde es ja zumindest schonmal gut, wie sich langsam Mühe gegeben wird, eine Kirche aufzubauen und so mit der Garde und dem Rat etwas mehr Struktur zu schaffen. Es wird versucht Dinge aufzuarbeiten, welche am Anfang falsch gemacht wurden, inwieweit das nun - ein Jahr nach Projektstart in diesem Setting - noch sinnig ist, weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass ich nicht die Lust habe, Herzblut in die Rettung eines Projektes zu stecken, welches ich sofort verlassen würde, wenn es ein anderes bespielbares Setting geben würde. Dass ich das sagen muss, tut mir im Herzen weh, aber Vestria ist für mich mittlerweile nicht mehr die geile Idee, die es war, als es begonnen wurde.
Ich möchte nun einmal darum bitten, die Meinungen von anderen Personen zu dem Thema zu hören, ob ich mit meiner Meinung alleinstehe oder nicht. Ich weiß lediglich, dass ich, wenn es so bleibt, wie es ist, den Hut ziehen werde. Nicht heute, nicht morgen, aber der Faden wird immer dünner und irgendwann wird er reißen.
Ich weiß, das Geschriebene ist oberflächlich und sehr grob formuliert, aber das hat einfach den Hintergrund, dass ich, wenn ich ins Detail gehen würde, Stunden um Stunden schreiben würde und die Botschaft dieselbe wäre. Will man genaueres wissen, stehe ich im DC gerne zur Verfügung.
Julian Ende.