Liebste Alma [2]

  • Der Verfasser von diesem Brief scheint Anstelle einer alten Kuhhaut dieses mal gutes Pergament verwendet zu haben und wesentlich mehr Hingabe und Zeit in die Botschaft aufgewandt zu haben. Kaufmännisch gefaltet und mit einem farblosen Wachssiegel versehen, in welchem die Blüte einer roten Mohnblume versiegelt ist, wurde der Brief mit einer Brieftaube nach Vyrnheim geschickt.


    Liebste Alma,


    wie ergeht es dir? Ich hoffe, dass dein Tutorium nach deinen Wünschen verläuft und Pater Godwin dich in der Kunst der Feder unterweisen konnte, damit du mit reicher Erkenntnis als Ordensschwester voranschreiten kannst. Gewiss, wirst du deinen Schwestern und Brüdern bald im Nichts mehr nachstehen, wenn du nicht gar einer Nasenlänge voraus sein wirst! Wir haben wohl schon öfters darüber gesprochen, doch bedenke immer, dass es keine Schande ist nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen. Deine Beflissenheit ist eine Eigenschaft an dir, die Ich immerzu hoch anerkannt habe!


    Hat Bruder Willi sich mittlerweile von den Grauen der Lykanthropie erholt? Richte ihn gerne herzlichste Grüße von mir aus und das ich versuche abgesehen von deinem Fortune stets stets auch für seine Genesung zu beten. Grüße auch die Anderen in Vynrheim ganz lieb von mir. Allen voran meinen alten Meister Schmitt.


    Gewiss, habe ich dir nicht oft geschrieben, in den letzten Wochen, obgleich ich in Gedanken stets bei dir. Das bedaure ich sehr. Doch waren die letzten Zeiten nicht einfach für mich und gespickt von allerlei Ungemach. Bestimmt ist es dir nicht entgangen: Ich spreche von der Schlacht vor Erzlingen gegen die Thronbrecher. Den Anschlag auf die Mühle des Südhofes, den Ansturm Hagens auf die Stadt, die nunmehr in Trümmern liegt. Zwar haben wir bisweilen keinerlei verheerende Verluste aufgeklärt, doch bereitet mir die Absenz mancher Bewohner noch immer große Sorgen. Ich spreche von dem Jägergesellen Fürstenfeld und seiner Gattin: unsere alte Tavernenwirtin. Aber auch von dem Gaukler Grumpel fehlt jede Spur. Vor allem aber verbleibe ich, obgleich jeder vergangenen Diskrepanz, im tiefen Mitgefühl zu seiner Hochgeboren, dem Vogt, der mit dem Anschlag auf Dornbach, seine kürzlich geehelichte Gattin verlor.


    Nebst den üblichen Wahnsinn, wie die von den Kriegstreiben angelockten Ghulen, stürzten gar die Trümmer der ausgebrannten Schneiderei auf mein üppiges Haus, die Mairead im Schutt begruben. Mit gebrochenen Beinen, liegt sie schon seit Wochen in Heilstube, auf ihrer Genesung wartend. Trotz jedweder Bestürzung, über vergangener Tage und dem aufkommenden Zweifel, ob Dornbach jemals zum Hort wird, an dem ich erhoffte Zuflucht vor dem schier endlosen, weltlichen Unheil finde, verblieb keine Zeit mich in Gram zu verlieren.


    Die Trümmer der Stadt würden dadurch nicht von Selbst verschwinden, dass Werkzeug zum Wiederaufbau ließe sich aus keinerlei Rippen schneiden und zur Aufrechterhaltung der gottgegebenen Ordnung, war Ich auch im meinen Amte - als nun Waffenknecht - gefragt, mit all jenen Nebentätigkeiten die damit einhergingen. Meine Pflicht ermüdet mich sehr, wenn ich auch mein bestes gebe, es mir nicht anmerken zu lassen. Denn jage ich noch immer den Silberstreifen am Horizont, in hoher Erwartung, dass sich eines Tages alles zum Guten wenden möge.


    Doch will ich nach so lange Zeit, nicht dein Gemüt beschweren. Sei dir gewiss, dass wir den HERRN trotz aller Gewalt, die uns erreichte, stets auf unserer Seite wussten. Der Blutzoll ist in gebündelter Verheerung äußerst gering und Gebäude können immer neu errichtet werden. Die Kirche in ihrer Gesamtheit verblieb unversehrt, wie auch dein Hund Hasso! Auch können wir uns über allerlei neue Gesichter in unserer Mitte erfreuen. Ein freundliches Zwillingspaar aus Solleillant, Seraphine und Felicia Aubergine, wobei ich Felicia bereits als gute Freundin gewonnen habe! Dann ist da der schweigsame Brennmeister Lyweren, der von Anfang an tatkräftig half, die Trümmer zu beseitigen. Doch bedauerlicherweise gibt es auch zwei seltsame Gestalten aus Revanien, Nowak und Sarkov. Alle beide haben nicht mehr alle Nadeln an der Tanne. Nowak ist schon schlimm, aber Sarkov treibt es auf die Spitze, mit der Behauptung, dass sie nicht wüsste was "GOTT" ist. Auch meint sie in ihrer Heimat ein berittener Waffenknecht gewesen zu sein. Kannst du das fassen? Die haben in Revanien doch nicht mal Häuser! Berittener Waffenknecht In der gepanzerten Eseleinheit vom behaartestem Mann ihres Heimatbergs vielleicht! Mehr aber auch nicht!


    Auch mag dich vielleicht interessieren, dass ich nun im Besitz einer eigenen Schmiede bin, die ich in Verlängerung zum Südhof am Stollenberg habe erbauen lassen! Ein Unterfangen, dass dringend erforderlich gewesen, da die Schmiede von Klausewitz - der wieder lange Zeit auf Reisen - nicht mehr besteht. Ich gedenke sie, wenn sich die Stadt halbwegs von den Strapazen erholt, vom Klerus weihen zu lassen und ihr einen Namen zu geben, der hoffentlich eines Tages im gesamten Archipel bekannt! Womöglich benenne ich sie nach dem heiligen Wieland - den Schutzpatron der Schmiede und Goldarbeiter? Was hälst du davon? Trystan lässt sich sicher auch noch davon überzeugen.


    Da die Schmiede jedoch weit Abseits der Stadt liegt, kam nicht oft dazu dort zu nächtigen. Mairead weilt ja noch in der Heilstube. Doch an den Tagen, an welchen ich dort verblieb, wurde ich oft von den Wachtraum begleitet dort mit dir eines Tages in friedlicher Eintracht leben zu können. Man sagt, dass Träume meist aus Wünschen gewebt. Das kann ich in dem Fall wohl nicht verneinen!


    Ich vermag kaum in Worte zu fassen, wie sehr ich dich vermisse und wie sehnsüchtig ich den Tag erwarte, an dem wir uns wieder gegenüberstehen können. Die Nächte sind lang und einsam ohne deine wohltuende Anwesenheit. Ich denke an unsere gemeinsamen Gespräche, deine strahlenden Augen, wenn du von deinen früheren Abenteuern mit den "Pfadflitzern" erzählt hast - und deinem herzliches Lachen, das mich wärmte wie die Sonne im Sommer.


    Bis es soweit ist, werde ich mein Bestes geben, die Schmiede aufblühen zu lassen. Doch in meinem Herzen bleibt dabei stehts eine kleine Lücke. Ein Platz für Dich, den niemand sonst einnehmen kann. Sei dir weiterhin gewiss, dass ich für immer auf dich Warten werde.


    Behütet von den Engeln und beschirmt von den Sternen, wünsche ich dir Glück und Gesundheit.

    Möge Illuminor über dich wachen und Dir seinen Segen schenken, bis wir uns wiedersehen.


    In tiefer Zuneigung und Sehnsucht,

    - Owain

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