2. Sabbat: Das Mittwinterfest
Kalt und dunkel ist es draußen, mancherorts bedeckt hoher Schnee das
Land. Das Licht Iluminors, welches uns in den vergangenen Monaten mit
Freud' und Wonne erfüllt hat, ruht nun tief in unserer Seele. Unser Glaube an das Licht wärmt uns zu dieser Winterzeit von
Innen heraus, wie ein wohliges Herdfeuer.
Allgemeines
Noch herrscht die
Dunkelheit über die Schöpfung, und die Tagen werden auch weiterhin
immer kürzer. Doch bald schon naht die längste Nacht, und wie auf
jede andere Nacht wird auch auf sie ein neuer Sonnenaufgang folgen.
Diesen Tag nennen wir Mittwinter, die Geburt des Heiligen Lichtes.
Zwischen dem
Ahnenfest und Mittwinter bereitet sich die Schöpfung unter der
weiten Stille des winterlichen Sternenhimmels auf die Wiederkehr des
Lichtes vor. Nahezu ehrfurchtgebietend erscheint uns das vom
Sternenlicht durchbrochene Firmament in den frostklirrenden dunklen
Winternächten, während derer wir im Kerzenschein zum Duft von
Weihrauch und Myrrhe im tiefen Gebet Eins mit dem Mysterium Iluminors
werden.
Mittwinter gehört
zusammen mit der Frühlings- und Herbstweihe sowie dem Mittsommerfest
zu den vier großen Sabbaten, die sich nach dem Jahreslauf der Sonne
richten und ein Sinnbild für das Gleichgewicht zwischen Licht und
Dunkelheit darstellen. Diese Wintersonnenwende markiert
das Ende und den Anfang des Jahres. Von nun an werden die Tage wieder
länger und das ruhende Leben im Schoß der Erde erwacht allmählich
aus seinem Schlaf, um schließlich im nahenden Frühling wieder
Blüten zu tragen.
Gebräuche
In der
Mittwinternacht werden die Feuer in den Stuben gelöscht und sogleich
in einem geweihten Ritual mit Weihrauch und Myrrhe neu entfacht. Dieses Feuer gilt als
heilig, und mit seinen Flammen werden alle anderen Feuer im Haus
wieder neu entzündet. Auch auf den Anhöhen der Dörfer und vor den
Toren der Städte lodern mächtige Freudenfeuer, die das
wiederkehrende Licht ehren. Brennende Scheiben oder Räder aus Stroh,
die man von den Hügeln hinabrollt, symbolisieren die lebensspendende
Kraft des Heiligen Lichtes. Die Asche des Mittwinterfeuers ist
schließlich von fruchtbarkeitsspendender Kraft durchtränkt und wird
sorgfältig über den Äckern verstreut.
Der Engel Seluna
Während der
sternenklaren Dezembernächte kommt auch dem Engel Seluna eine
besondere Bedeutung zu. Sie hat nicht nur als Apostel in
Menschengestalt dem Propheten Eklesios die Lehren Iluminors
verkündet, sondern gilt auch als mildtätigster der vier Engel und ist
gerade unter den jungen Kindern als "Mittwinterengel" beliebt. Auf ihrem Begleiter, dem
weißen Hirsch, reitet Seluna während der mondhellen Vollmondnächte von
Haus zu Haus, um den frommen Menschen reiche Gaben in die Stuben zu
bringen; Äpfel, Nüsse, Zitrusfrüchte und Süßgebäck, aber auch
Gesundheit und Kindersegen durch ihre Haselrute, deren Schlag
fruchtbar und zeugungsfähig macht. Aus diesem Grund
überreichen auch wir unseren Mitmenschen zu Mittwinter eine kleine
Gabe die von Herzen kommt, und schlagen sie leicht mit der
Haselrute, auf dass sie von Iluminor gesegnet sind.
Licht und Feuer
Zur Zeit des
Mittwinterfestes spielen Lichterglanz und Flammenschein eine wichtige
Rolle. Vier geweihte Kerzen auf dem Julblock künden von der
bevorstehenden Geburt des Lichtes. Mistelzweig, Stechpalme, Efeu und
Tanne schmücken die heimischen Stuben, wobei dem schön geschmückten
Nadelbaum eine besondere Rolle als immergrüner Julbaum zufällt. Er
symbolisiert die unzerstörbare Lebenskraft, die der Schöpfung
Iluminors inne wohnt, und selbst den kältesten und dunkelsten Zeiten
zu trotzen vermag. Am Ende des Mittwinterfestes wird sowohl der Julbaum, als auch der Julblock dem Feuer übergeben.